DEBATTE
28. Oktober 2021
Wertebasierter Verhaltenskodex des Deutschen Bühnenvereins
Auf ihrer Jahreshauptversammlung in Hamburg verabschiedeten die Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins einen erweiterten Wertebasierten Verhaltenskodex. Standen in der 2018 entwickelten ersten Fassung sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch im Fokus, adressiert der neue Kodex nun weitere Dimensionen von Diskriminierung und nimmt Theaterleitungen und Rechtsträger stärker in die Pflicht.
Wertebasierter Verhaltenskodex des Deutschen Bühnenvereins
Theater, Orchester und Festivals geben ästhetische, künstlerische und inhaltliche Impulse in eine sich stets wandelnde Gesellschaft. Sie eröffnen damit Räume der verfassungsrechtlich geschützten künstlerischen Freiheit. Wir Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins, die künstlerischen und betrieblichen Leiter:innen sowie ihre Gesellschafter:innen und Träger:innen in Ländern und Kommunen, vertreten vor diesem Hintergrund einen Wertebasierten Verhaltenskodex, der ein freiheitliches und respektvolles Miteinander in unseren Betrieben fördern und stärken soll.
Wir teilen grundsätzliche gesellschaftliche Werte. Dazu zählen der Schutz der Menschenwürde, die Wahrung persönlicher Integrität und gegenseitigen Respekts, die Anerkennung von gesellschaftlicher Diversität sowie die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit. Wir tragen die Verantwortung, dass diese Werte in unseren öffentlichen Einrichtungen, insbesondere im Verhältnis zu unseren Mitarbeiter:innen, auch gelebt werden.
Als Arbeitgeber:innen stehen wir in der Pflicht, unsere festangestellten und freiberuflichen Mitarbeiter:innen und Arbeitspartner:innen aktiv vor jeder Form von Diskriminierung, sexuellen Übergriffen, Machtmissbrauch, Mobbing und herabwürdigendem Verhalten zu schützen. Wir dulden keine Benachteiligungen aufgrund von nationaler oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, politischer Überzeugung, Behinderung, Alter, Familienstand, sexueller Identität oder Orientierung sowie sozialer Herkunft.
Um diese Werte im Alltag wirksam werden zu lassen, bekennen wir uns zu den folgenden Verhaltensregeln, deren Geltung auch unter den Mitarbeitenden in unserer Verantwortung liegt:
- Ich verhalte mich anderen gegenüber rechtskonform und respektvoll. Das gilt auch für den künstlerischen Arbeitsprozess.
- Ich unterlasse jede körperliche, sprachliche oder gestische Form von Übergriff oder Diskriminierung.
- Ich bin mir bewusst, dass mein Verhalten bei meinem Gegenüber eine andere Wirkung erzielen kann als beabsichtigt. Deshalb bemühe ich mich darum, eindeutig und klar zu kommunizieren. Ich verhalte mich empathisch, selbstkritisch und gesprächsbereit.
- Ich gehe gewissenhaft mit der mir übertragenen Verantwortung um.
- Ich spreche Konflikte offen an und trage aktiv dazu bei, diese fair zu lösen.
- Ich schreite ein, wenn ich Zeug:in von situationsunangemessenem Verhalten jeglicher Art werde und spreche dies direkt an.
- Bei der Aufklärung von Übergriffen oder diskriminierendem Verhalten unterstütze ich eine umfassende und ergebnisoffene Prüfung und höre allen Beteiligten unvoreingenommen zu.
Ein positives Arbeitsklima setzt kontinuierliche und stetige Organisations- und Personalentwicklung und die Mitwirkung aller Mitarbeiter:innen daran in Theatern, Orchestern und Festivals voraus. Dabei verpflichten wir uns, unsere eigene Handlungs- und Haltungspraxis kontinuierlich zu reflektieren und uns auch selbst fortzubilden. Nur so sind Verbesserungen möglich.
Als Theater-, Orchester- und Festivalleitungen sorgen wir dafür, dass innerbetriebliche Strukturen, Prozesse, Unternehmenskultur und Führungsmodelle entsprechend gestaltet werden. Als Gesellschafter:innen und Träger:innen stehen wir in der Verantwortung, die betrieblichen und künstlerischen Leitungen der Theater, Orchester und Festivals bei der Umsetzung dieses wertebasierten Verhaltenskodex zu unterstützen und sie einzufordern.
Wir arbeiten im Deutschen Bühnenverein zusammen, um die Umsetzung der hier festgelegten Ziele durch unterstützende Maßnahmen und konkrete Handlungshilfen zu erleichtern und zu befördern. Darunter fallen beispielsweise externe Vertrauensstellen wie der bereits existierende Themis e.V. gegen sexuelle Belästigung und Gewalt. Weiterhin sind unterstützende Maßnahmen etwa bei der Einrichtung betriebsinterner Beschwerdestellen im Sinne des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG), Informationsveranstaltungen und Weiterbildungen, aber auch der kontinuierliche Austausch innerhalb der Verbandsgremien geeignete Instrumente.
Gemeinsam wollen wir den hier vorliegenden Kodex kontinuierlich weiterentwickeln und rufen alle im Deutschen Bühnenverein organisierten Theater, Orchester und Festivals auf, auf der Basis des hier vorliegenden Wertekodex die in ihrer eigenen Institution geeigneten Instrumente zur Realisierung zu entwickeln.
Hamburg am 28.10.2021
Präsidium, Vorstand und die Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins
Dieser Kodex ist eine Weiterentwicklung des Wertebasierten Verhaltenskodex zur Prävention von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch, den die Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins bei der Jahreshauptversammlung im Jahr 2018 verabschiedet haben und der Verständigungsprozesse in vielen Mitgliedshäusern angestoßen hat.